Wie viele Kreuzfahrtinhalte wollen die Menschen sehen?

Als ich Anfang 2008 vermutlich der Erste war, der in Deutschland ein Video über ein Kreuzfahrtschiff auf YouTube hoch lud, war die Medienwelt noch eine andere. Es war ein halbes Jahr, bevor ich mein erstes iPhone bekam, Instagram beispielsweise wurde überhaupt erst zwei Jahre später gegründet. 2010 - das Jahr, in dem Facebook die heute bei Kreuzfahrern populären Gruppen startete.

Ich lud Videos bis 2015 auch nur sehr sporadisch auf YouTube hoch - grundsätzlich keine gute Idee, wenn man auf YouTube Erfolg haben möchte, aber das ist ein Thema für sich. 2016 kamen die Instagram Stories - das Format, das durchaus einen gewissen Suchtfaktor hat, das die Bildschirmzeit am Smartphone für viele im Durchschnitt hat vermutlich deutlich ansteigen lassen. Bis ich die aber genutzt habe regelmäßig, hat das auch nochmal gedauert.

Auf den ersten Pressereisen ab 2009, wo ich eingeladen wurde, waren überwiegend noch klassische Print-Journalisten dabei. Was ich damit sagen will: Die Chance im Internet Kreuzfahrtinhalten zu begegnen, war gar nicht so groß. Die Reedereien selbst waren auch nicht so extrem aktiv.

Mittlerweile haben wir 2023 - und es sind noch mehr Plattformen und Formate hinzu gekommen. TikTok beispielsweise - gibt’s eigentlich schon einen Kreuzfahrt-Streamer auf Twitch? Ich habe 2012 meinen allerersten Livestream auf YouTube gestartet - da war das Thema noch in den äußersten Anfängen, die technische Qualität entsprechend bescheiden. Aber auch hier wird es immer mehr - seit meinem ersten Livestream vom Auslaufen eines Kreuzfahrtschiffs ist das auch etwas, das immer mehr machen. Und seit Corona ein riesiges Thema: Videos über Nachrichten aus der Kreuzfahrtbranche. Laute Schlagzeilen funktionieren da super…

Die Masse an Kreuzfahrtinhalten ist also in den vergangenen Jahren quasi exponentiell gestiegen - und ein Ende des Anstiegs ist eigentlich nicht abzusehen. Natürlich ist das nicht so überraschend, wenn etwas funktioniert, zieht es natürlich andere an, die dann etwas Ähnliches machen.

Auch die Reedereien sind zunehmend aufgewacht - weil Sie festgestellt haben, dass sie online doch sehr viel erreichen können. Beispielsweise werden eigene Content Creator beschäftigt, die eigene Inhalte produzieren. AIDA beispielsweise hat nicht nur einen Markenbotschafter aus den eigenen Mitarbeiterreihen, der auf YouTube moderiert, sondern sogar einen vollwertigen Radiosender - vor Jahren noch völlig undenkbar. Ach ja, auf TikTok ist AIDA als erste Reederei in Deutschland auch dabei - zumindest dort gebe ich mich geschlagen.

Was ich mich aber - als ein Pionier der Kreuzfahrtinhalte im Internet -  zunehmend frage: Wollen die Menschen diese ganzen Massen überhaupt sehen oder hören? Soll eine Reise nicht auch etwas völlig Neues und Überraschendes bringen? Das ist bei einem Schiff grundsätzlich schon schwierig, das über Wochen nur rund um die Kanaren im Kreis fährt.

Dazu kommt, dass an Bord vieles, wie Essen oder Unterhaltung, total standardisiert sind. Verliert es nicht den Charakter des Besonderen, wenn man alles schon x-mal vor einer Reise gesehen hat? Aber klar, was die Anzahl der Plattformen angeht: Wer auf TikTok ist, der ist vermutlich nicht auf Facebook - und sieht die Inhalte dort gar nicht. Ein Unternehmen muss schon überall dort präsent sein, wo die Kunden sind.

Ich bin ja nun grad in einem Hotel auf der thailändischen Insel Kho Phangan, wo die Informationslage vorher etwas dürftig war. Aber so war ich bei meiner Ankunft positiv überrascht, weil ich eben noch nicht alle Details vorher kannte.

Ich habe mich mittlerweile vom Immer-mehr-Rausch verabschiedet. Das ist auch mit ein Grund, warum ich im vergangenen Jahr nur noch 42 Nächte an Bord von Kreuzfahrtschiffen war. Ich setze darauf, dass am Ende weniger doch mehr ist.

So gibt’s bei mir in den Stories auf Instagram übers Jahr gesehen deutlich mehr Morr als Meer zu sehen. Und jetzt vom Thailand-Trip gibt’s für viele Follower überraschende Videos - und sie sehen, dass thailändische Essen doch etwas anderes sein kann, als das, was sie von einer AIDA aus dem „East Restaurant“ kennen. Überraschungen fallen noch auf in einer Welt, die immer lauter wird.

PS: Um auch AIDA-Mitbewerber TUI Cruises noch zu erwähnen - auch weil ich weiß, dass Gründungsgeschäftsführer Richard Vogel hier gern mal mitliest: Die damals neue Reederei startete ebenfalls 2008 auf YouTube - aber nach mir - und zwar mit regelmäßigen Videos, schon Monate vor dem Start des ersten Schiffs. Aus heutiger Sicht: Alles richtig gemacht. Vogel erwähnte damals übrigens mal, dass es vielleicht irgendwann mal einen Mein-Schiff-Fernsehsender geben könnte - aber soweit kam es nie. Heute ist es vermutlich nicht mehr die Zeit dafür.

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